Rohstoffe in Schleswig-Holstein sichern und recyceln

24.07.2020

In Stocksee haben wir gestern das Kieswerk Peter Glindemann besucht und uns vor Ort ausführlich über die Rohstoffsituation im Land unterhalten.

Dazu haben wir als CDU-Landtagsfraktion ein Positionspapier verabschiedet:

Die Sicherung von Rohstoffen, die nachhaltige Verwendung, die fachgerechte umweltverträgliche Lagerung und Entsorgung von Abfällen ist eine Aufgabe, die Gerechtigkeit und Versorgungssicherheit für jetzige und zukünftige Generationen sicherstellt. Für Schleswig-Holstein, mit seiner sensiblen Natur und bedeutenden Ökosystemen in touristischer Nutzung ist diese Aufgabe von besonderer Bedeutung. Daher setzen wir uns für eine intensive Anpassung und Verbesserung in diesen existenziellen Branchen ein. Die ökonomische Bewirtschaftung sowie der Abbau von Rohstoffen stehen in einem engen Verhältnis und nicht im Widerspruch. Nur vorausschauende Planung und ein verantwortungsvoller Umgang kann langfristig zum Erfolg führen.


I Kies- und Sandabbau
Mineralische Rohstoffe können nur an den Orten abgebaut werden, an denen entsprechende Vorräte vorhanden sind. Damit wird nicht nur die dezentrale Versorgung der heimischen Bauwirtschaft gesichert, sondern auch lange und umweltbelastende Transportwege vermieden. Die Kiesvorräte sind endlich. Es zeichnen sich bereits deutliche Verknappungstendenzen ab, die immer mehr zu Versorgungsengpässen, beispielsweise bei der Betonfertigteil- und Transportbetonindustrie, führen. Schleswig-Holstein steuert auf einen Versorgungsengpass bei heimischen Rohstoffen hin, wenn nicht die Rahmenbedingungen verändert und angepasst werden.

Erschwert wird der Abbau des für unsere Gesellschaft unverzichtbaren Baustoffes durch fehlende Genehmigungen oder langwierige Genehmigungsverfahren. Ziel einer modernen Rohstoff- wie auch Abfallpolitik muss es sein, ein konstruktives Miteinander zwischen Naturschutz, Rohstoffgewinnung und Abfallentsorgung zu entwickeln.

Die Rohstoffversorgung ist einer der wichtigsten Bestandteile der öffentlichen Daseinsvorsorge. Experten sind sich einig, dass es ohne die Verwendung heimischer Rohstoffe keine sinnvolle Klimapolitik und auch keine Energiewende geben wird. Die durchschnittliche Restabbauzeit aller genehmigten Abbaufl ächen beträgt bei Kies und Sand in Schleswig-Holstein deutlich unter acht Jahren. Eine mittel- oder gar langfristige Gewinnung von Rohstoffen kann so nicht sichergestellt werden. Verschärfend kommt hinzu, dass nach den Prognosen der Bauwirtschaft und den öffentlichen Infrastrukturplanungen in den kommenden Jahren von einem weiterhin steigendem Bedarf auszugehen ist.

Wir setzen uns daher im Bereich des Rohstoffabbaus für folgende Lösungsansätze ein:

1. Wir wollen mehr heimischen Rohstoffabbau. Statt transportintensiver Beschaffungen, sollen die heimischen Rohstoffkapazitäten besser genutzt werden können. Aspekte des Klima- und Umweltschutzes sind dabei so zu beachten, dass unnötige Transportwege vermieden werden sollten.

2. Anders als bei der Windplanung ist der Abbau von Rohstoffen auch außerhalb von Plangebieten möglich. Dennoch sollten auch die Regionalpläne so aktualisiert werden, dass mit den Raumordnungs- und Entwicklungsstrategien eine ortsnahe Rohstoffversorgung dauerhaft sichergestellt werden kann. Eine Überplanung von Abbaugebieten soll vermieden werden, damit eine notwendige Gewinnung von Rohstoffen nicht unwiderruflich verloren geht.

3. Es ist notwendig, in den Regionalplänen nicht nur grundsätzlich die Gebiete als Vorranggebiete für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe darzustellen, in denen es bereits genehmigte und noch nicht abgebaute sogenannte Lagerstätten gibt. Vielmehr sollten auch die Vorbehaltsgebiete ausgeweitet werden. Vorbehaltsgebiete dienen zur Sicherung von Rohstoffpotenzialen vor konkurrierenden Nutzungsansprüchen. Hier sollten mögliche Erweiterungs- und Ersatzflächen aufgenommen werden, die noch nicht erschlossen sind. Auch wenn die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten keine ausschließende Wirkung hat und ein Abbau auch außerhalb dieser Gebiete notwendig ist, sollen die ausgewiesenen Flächen erhöht werden, um so die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

4. Das Land Schleswig-Holstein soll gemeinsam mit den Kreisen einen interessensgerechten Ausgleich im Spannungsfeld zwischen Landschaftsschutzgebieten und potentiellen Abbaugebieten schaffen. Konfliktlagen zwischen Landschaftsschutzgebieten und Abbauvorhaben sollte das Land gemeinsam mit den Kreisen in ganzheitlicher Betrachtung lösen. Übergeordnete Interessen sollten dabei neben den Belangen des Naturschutzes auch die Sicherung eines umfassenden und klimagerechten Rohstoffabbaus haben.

II Recyclingbaustoffe

Recyclingbaustoffe sind eine adäquate und umweltfreundliche Alternative zu den natürlichen Baustoffen. Ihr Einsatz gilt als nachhaltig und hilft, vorhandene natürliche Rohstoff- (Sand und Kies) und Deponieressourcen (Bau- und Abbruchabfälle) zu schonen. Allerdings ist festzustellen, dass die Nachfrage nach qualifi zierten Recyclingbaustoffen, insbesondere im öffentlichen Straßen- und Wegebau seit 2017 kontinuierlich abnimmt und mittlerweile deutlich niedriger ist als das Angebot. Die Verwendung dieser umweltfreundlichen Alternative bei öffentlichen Bauvorhaben ist nahezu zum Erliegen gekommen. Private und gewerbliche Bauherren greifen, allerdings mit fallender Tendenz, darauf zurück. Die Recyclingbranche gibt an, dass öffentliche Auftraggeber mittlerweile durchgängig die Verwendung dieses Materials ausschließen würden. Es ist festgelegt, dass bei öffentlichen Vergaben, bei denen mineralische Ersatzbaustoffe verwendet werden sollen, vorrangig Recyclingbaustoffen auszuschreiben und einzusetzen sind.

Die mangelnde Umsetzung führt dazu, dass mittlerweile die Anlagenkapazitäten bei vielen Unternehmen, die mineralische Bau- und Abbruchabfälle verarbeiten, erschöpft sind und diese die entsprechenden Materialien somit nicht mehr annehmen. Die Folge ist, dass diese Baurestmassen in anderen Bundesländern oder im Ausland (zum Beispiel Dänemark), sofern dies überhaupt möglich ist, deponiert werden müssen.
Vergleichbare Tendenzen wie bei den Recyclingbaustoffen zeichnen sich auch bei der Verfüllung von Bodenmaterial ab.

Zur langfristigen Sicherstellung der Verarbeitung von Recyclingbaustoffen fordern wir daher:

1. Verbindliche Verpflichtung der Baubehörden des Landes, der landeseigenen Unternehmungen und der Kommunen, Recyclingbaustoffe einzusetzen und im Falle der Nichtbeachtung dies zu sanktionieren.

2. Für eine ressourceneffiziente Beschaffung muss eine gezielte Forderung nach Recyclingbaustoffen derart verankert werden, dass immer durch die ausschreibende Stelle zu begründen ist, wenn kein Recyclingbaustoffen ausgeschrieben wurde.

3. Private und gewerbliche „Bauherren“ sollten eine staatliche Förderung erhalten, wenn sie entsprechende Baustoffe bei ihren Vorhaben verwenden.

III Deponien

Trotz Bemühungen der Nachhaltigkeit und starkem Recycling produziert eine Gesellschaft bisher nicht erschöpfend verwendbare Abfälle. Eine verantwortungsvolle Gesellschaft muss im Rahmen der Daseinsvorsorge in geeigneter Weise dafür Sorge tragen, dass diese Stoffe umweltverträglich und für die Menschen sicher verwertet oder deponiert werden können. Dazu bedarf es ausreichender und qualifi zierter Deponiekapazitäten, die die immer weiter zunehmende Menge an Abfällen aufnehmen können.

Der Abfallwirtschaftsplan für Schleswig-Holstein sieht derzeit keinen übergeordneten Bedarf an Deponiekapazitäten. Dieses wird aus Sicht der Kommunen und der schleswigholsteinischen Abfallwirtschaft in Frage gestellt. Aus deren Sicht können auch schon bald keine großen Mengen mineralischer Reststoffe mehr entsorgt werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das verfügbare Deponievolumen bis 2030 im Vergleich zum Planungszeitraum 2016 sowohl qualitativ als auch quantitativ deutlich rückläufig sein wird. Darüber hinaus sollten Konzeptionen entwickelt werden, wie zum Beispiel mit belastetem Bodenmaterial umgegangen und wie und wo Schadstoffe behandelt bzw. deponiert werden sollen.

Für die Gewährleistung einer langfristigen Sicherheit bei der Deponiekapazität setzen wir uns für diese Lösungsansätze ein:

1. Es ist erforderlich, den Abfallwirtschaftsplan Schleswig-Holstein an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen und zu aktualisieren. Dabei sollte die Deponiebedarfsplanung überarbeitet werden. Notwendig ist es auch, das verfügbare Restvolumen der sogenannten Altverfüllungen inklusive des Bodenmaterials zu ermitteln.

2. Der Abfallwirtschaftsplan sollte danach im Sinne der Transparenz mit aller Deutlichkeit öffentlich feststellen, dass Deponiekapazitäten dringend notwendig sind.

3. Die Rechtslage zur Genehmigung von Deponien (s. a. Verfüllerlass von 2005) müsste so geändert werden, dass Verfahren schneller und einfacher durchgeführt werden können. Der Verfüllungserlass bezieht sich unmittelbar nur auf die Genehmigung von Neuanlagen. Anträge auf neue Verfüllungen werden nur restriktiv oder gar nicht mehr genehmigt. Dies muss angepasst werden.

4. Es muss geprüft werden, ob eine Verfüllung mit unkritischem Material in nicht sensiblen Abbaugebieten möglich ist.

5. Die Deponiebedarfsplanung sollte grundsätzlich langfristiger und zielgerichteter angelegt werden, da die Genehmigungsverfahren langwierig sind und die Entsorgungssituation in Schleswig-Holstein als prekär einzustufen ist. Vorgesehene Planungszeiten von 15 Jahren sind insbesondere auch bei Deponien mit gefährlichen Abfällen und der notwendigen Bürgerbeteiligung illusorisch.

6. Die Landesregierung sollte in Abstimmung mit anderen Bundesländern ein Konzept zur Entsorgung von teerhaltigen Straßenaufbruch entwickeln. Derzeit gibt es in Deutschland keine Entsorgungsmöglichkeiten - bis auf geringe Mengen auf Deponien und eine Mitbehandlung in Rüdersdorf/Berlin.

Eine nachhaltige und langfristige Sicherung von Rohstoffen ist unser elementares Ziel. Neben der Neugewinnung der wertvollen Stoffe ist sowohl das Recycling als auch eine angemessene Deponielagerung von vorerst nicht weiter verwendbaren Stoffen nötig.

Eine verantwortungsbewusste Gesellschaft ist sich der Auswirkungen ihres Handelns bewusst. Sie leistet ihren Beitrag zum effi zienten Einsatz von endlichen Rohstoffen und setzt sich für eine funktionsfähige Kreislaufwirtschaft ein. Ein modernes Baugewerbe kann so zu steigenden Baukosten und unverhältnismäßigen Umwelteingriffen entgegenwirken.

Wir stehen für eine generationenübergreifende Gerechtigkeit, denn die Entscheidungen von heute werden die Herausforderungen zukünftiger Generationen sein.